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Kommentar

 

Karin Vorderstemann

 

Eberhard Werner Happels Roman "Der asiatische Onogambo" (1673) als Prätext für Ziglers "Asiatische Banise" (1689)

 

Der Asiatische Onogambo | Darin | Der jetzt-regierende grosse Sinesische Kayser | XUNCHIUS. | Als ein umbschweiffender Rit-|ter vorgestellet / nächst dessen und anderer | Asiatischer Printzen Liebes-Geschichten und rit-|terlichen Thaten / sampt deren Beschaffenheiten / Ordnung ih-|rer Regenten / und deren vornehmsten Thaten etc. | kürtzlich mit eingeführet werden. | Durch | Eberhardt Guerner Happell. | Hamburg / in Verlegung Joh. Naumanns / | und Georg Wolffs. 1673.

 
Der aus zwei Büchern bestehende Roman gehört zu den Vorbildern zu Ziglers „Asiatischer Banise“.[1] Deutliche Parallelen lassen sich, vom Titel und dem anagrammatischen Namen der Heldin – Onogambos Geliebte Therragam verdankt ihren Namen seiner Braut Margaretha[2] und Zigler huldigt mit der Figur der Prinzessin Banise seiner Frau Sabine[3] – abgesehen, allerdings nur auf den ersten Seiten erkennen, wobei einige davon weniger für die betreffenden Werke als für die literarischen und publizistischen Konventionen der Zeit typisch sind. So beginnen beide Werke mit einem Widmungsgedicht, in dem ein Zusammenhang zwischen Protagonist und Widmungsträger – Herzog Christian Albrecht von Schleswig-Holstein bei Happel, Kurfürst Johann Georg von Sachsen bei Zigler – hergestellt wird. Auf dieses folgt eine an den Leser gerichtete Vorrede, in der beide Autoren ihr Werk unter Verwendung von Bescheidenheitstopoi entschuldigen. Bemerkenswerterweise betonen beide nicht die Originalität der darin erzählten Geschichte(n), sondern vielmehr die Qualität der von ihnen benutzten Quellen. Beide Vorreden schließen zudem mit einem fremdsprachigen Zitat, mit dem der Autor sich gegen seine potentiellen Kritiker zur Wehr setzt, „omnibus places nolo, nec enim mihi omnes placent“ bei Happel, „honni soit, qui mal y pense“ bei Zigler.
 
Unverkennbar sind die Übereinstimmungen auf den ersten Seiten der Romane. Beide Werke setzen medias in res ein. Der von einem Nebenbuhler vom herrschaftlichen Hof vertriebene Held – bei Happel der Titelheld, bei Zigler Prinz Balacin - klagt über sein Schicksal, wobei in beiden Fällen die zurückgelassene Geliebte eine zentrale Rolle spielt, verflucht den Propheten bzw. die Götter und schwört, sich und die Geliebte an seinem Konkurrenten rächen zu wollen. Auch sprachlich sind die Anfangsmonologe unverkennbar verwandt. So endet der des „Onogambo“ mit dem Fluch „O Blitz/ Hagel/ Donner und Erdbeben!“, während der des Balacin mit fast denselben Worten beginnt: „Blitz / Donner  und Hagel als die rächenden Werkzeuge des gerechten Himmels …“. Unmittelbar nach Ende ihrer Monologe werden beide Protagonisten von Untergebenen ihrer Nebenbuhler überfallen, verwundet und entkommen nur knapp ihren Verfolgern.
 
Von dieser Stelle an verläuft die Handlung der beiden Romane völlig unterschiedlich. Lediglich bei ausgewählten Details kann vermutet werden, dass Zigler hier durch Happels Roman inspiriert wurde. So steht beiden Helden über lange Strecken ein treuer Diener zur Seite, beide nehmen – Onogambo nur indirekt mit Hilfe eines Boten – als Juwelenhändler verkleidet Kontakt mit ihren Geliebten auf, beide kämpfen nachts gegen Raubtiere – Onogambo gegen zwei Löwen, Balacin gegen einen Tiger –, die die Leichen der ermordeten Gegner fressen, beide retten einen Monarchen vor dem sicheren Tod und beide müssen sich, als sie bei Freunden eine Verwundung auskurieren, gegen die liebestolle Tochter und die lasterhafte Ehefrau des Gastgebers zur Wehr setzen. Weitere Gemeinsamkeiten sind die unwandelbare Liebe zu und die Trennung von einer mit idealen Zügen ausgestatteten Prinzessin, die Wankelmütigkeit der Herrscher, an deren Höfen die Helden sich aufhalten, die Schönheit der Protagonisten und der sie umgebenden Standespersonen und ihre außerordentlichen kriegerischen Fähigkeiten. Da es sich bei diesen Details jedoch nicht um spezifische Elemente des „Onogambo“, sondern um literarische Versatzstücke handelt, kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Zigler sich hier auf Happel stützt.
 
Bemerkenswert ist schließlich, dass in beiden Romanen das Reich Pegu erwähnt wird. Bei Happel spielt dieses für die Handlungsentwicklung aber keine Rolle, dort ist lediglich von dem mit Onogambos Hilfe bald zurückgeschlagenen Angriff der Peguaner auf das Reich Bengala die Rede, während das Land in Ziglers Roman wiederholt Schauplatz der Handlung und Gegenstand erbitterter Kämpfe ist. Verwandt scheinen auch das Reich Tangut bei Happel und das Reich Tangu bei Zigler zu sein. Auch von den übrigen in der „Banise“ erwähnten asiatischen Reichen und Städten werden einige schon bei Happel genannt, die leicht abweichende Schreibweise lässt aber vermuten, dass die Autoren sich auf unterschiedliche Quellen gestützt haben.
 

 


[1] Vgl. Paul Hultsch: Der Orient in der deutschen Barockliteratur. Diss. Breslau 1938, S. 53.
[2] Vgl. Theo Schuwirth: Eberhard Werner Happel (1647-1690). Ein Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte des siebzehnten Jahrhunderts. Diss. Marburg 1908, S. 25 und 79.

[3] Vgl. Wolfgang Pfeiffer-Belli: Nachwort zu: Heinrich Anshelm von Zigler und Kliphausen: Asiatische Banise. Vollständiger Text nach der Ausgabe von 1707 unter Berücksichtigung des Erstdrucks von 1689. München 1965, S. 473.

 

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