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Zakariae Soltani (M. A.)

Akademischer Lebenslauf

Geboren am 02.02.1981 in Fès/Marokko; 1999 Baccalauréat (Spécialité Langues) am Lycée Moulay Slimane Fès; 1999-2002 Studium der Germanistik (HF), Romanistik (Italienisch/Französisch) und Arabistik an der Université Sidi Mohammed Ben Abdallah Fès (Diplôme d´Études Universitaires Générales, D.E.U.G.); 2002-2008 Studium der Neueren Deutschen Literatur (HF), Sprachwissenschaft und Romanistik (Französisch) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; 2008 Magisterexamen mit einer Arbeit über Die Erfahrung des Fremden in Werken Hugo von Hofmannsthals; seit dem SS 2009 Promotion im Fach Germanistik mit einer Arbeit unter dem Titel: Der orientalisierende Blick? Alteritätskonstruktionen in der deutschen Literatur am Beispiel des Orients vom Spätmittelalter bis zur Klassischen Moderne; seit Oktober 2010 wissenschaftliche Hilfskraft am Deutschen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (bei Prof. Dr. Michaela Holdenried) 

Dissertationsprojekt:

Der orientalisierende Blick? Alteritätskonstruktionen in der deutschen Literatur am Beispiel des Orients vom Spätmittelalter bis zur Klassischen Moderne

Obwohl die deutsche Literatur verschiedenartige Alteritätsdiskurse aufweist, die die kulturelle, religiöse, und gesellschaftliche Differenz zwischen ‹Europäern› und ‹Orientalen› reflektieren, ist das Feld der Orientalismus-Forschung im deutschsprachigen Raum aus germanistischer Perspektive bislang zu wenig bestellt worden. Die Germanistik verfügt bis heute nicht über eine umfassende, diachron ausgerichtete Studie, welche auf Basis einer intensiven Textanalyse die intertextuellen und intermedialen Zusammenhänge in der Entstehung und Weiterentwicklung der spezifischen ‹Orient›-Bilder nachvollzieht und die verschiedenen Aspekte der Etablierung ethnischer, nationaler und zivilisatorischer Differenzen zwischen ‹Orient› und ‹Okzident› miteinander verknüpft. Angesichts der weltpolitischen Ereignisse und vor dem Hintergrund des weiterhin dominanten Orientalismus-Diskurses sowie der immer wieder herbeigeredeten These vom «Kampf der Kulturen» ist eine solche Untersuchung hochaktuell und von großer Relevanz. Vergleicht man den Stand der hiesigen Orientalismus-Forschung mit dem Niveau der amerikanischen, britischen und französischen postcolonial studies, so wird ein heute nicht mehr zu übersehender Forschungsbedarf auf der deutschen Seite besonders deutlich. Der häufige Einwand, Deutschland sei im benachbarten ‹Orient› keine Kolonialmacht gewesen, trifft (mit Einschränkung) durchaus zu, heißt allerdings nicht, dass die deutsche Literatur keine diskursiven Wahrnehmungs- und Deutungsmuster entfaltet hätte, die den Blick auf den ‹Orient› bestimm(t)en, und dass Deutschland keine Rolle im Werden der dortigen Völker und Länder gespielt hat. Wer sich in die moderne Universalgeschichte vertieft, stellt rasch das Gegenteil fest.
Der Schwerpunkt dieser von einer kritischen Rezeption der Erkenntnisse der Postcolonial studies ausgehenden Studie liegt auf den Darstellungsstrategien und der Funktion des ‹Fremden› für das ‹Eigene›. Die ihr zugrunde liegende Leitfrage ist stets jene nach der Konstruktion von kultureller, religiöser, politischer und gesellschaftlicher Alterität in Bezug auf den ‹Orient›. Es soll gezeigt werden, dass anstelle des Orientalismus-Diskurses Saidscher Prägung vielmehr ein hochkomplexer ‹Orient›-Diskurs besteht, der sich in mehrere Diskursstränge auffächert, in denen der ‹Orient› durch die Jahrhunderte auf ästhetischer, philosophischer und politischer Ebene zwar durchaus durch «asymmetrische Gegenbegriffe» im Sinne Reinhard Kosellecks, und durch ein binäres Oppositionsmodell von Räumen konstruiert und evaluiert wird, aber auch in ganz unterschiedlichen Funktionen auftreten kann. Indem sie nur die eine Form der Alteritätskonstruktion unterstreichen, in der der ‹Orient› als negatives Gegenbild firmiert, greifen Saids monokausales und dichotomes Erklärungsmodell sowie die Ansätze seiner zahlreichen Epigonen zu kurz und wollen das komplexe Phänomen des ‹Orient›-Diskurses vereinfachen und verengen. Sie schreiben die West-Ost-Dichotomie fest, indem sie den Akzent auf die Differenzen und Konflikte setzen; Momente der Harmonie und des guten Zusammenlebens beziehen sie zwar ab und zu in die Analyse mit ein, aber nicht anders als die redensartlichen Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
Der Literaturbegriff, der dieser Arbeit zu Grunde liegt, ist ein extensiv verstandener, der fiktionale, das heißt literarische Werke im primären Sinne, aber auch philosophische und historische Werke und Reisebeschreibungen einschließt. Es wird eruiert, welche ‹Orient›-Diskurse die ausgewählten Texte verwenden, wie sie diese funktionalisieren, welche Tabuisierungen, Kollektivsymbole und Mythen ihnen zugrunde liegen, welche Diskurse in ihrer Zeit jeweils dominieren, sich ergänzen beziehungsweise widersprechen. Und schließlich ist zu fragen, inwiefern das Konzept des ‹Orients› eine «ménagerie mentale», «Fiktion» oder gar «Konstruktion» des Westens darstellt und inwiefern sich in einem solchen Konzept ein westlicher «Wille zur Macht» dokumentiert.

Abschluss: WS 2014/2015

[Betreute Dissertationen und Habilitationen]

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