Zur Organisation des Seminars

              Zur Organisation des Seminars
                                                  9)  Um eine lebhafte Sitzung zu gestalten, sollte man sich über Verfahren der Seminarakti-
Oberste Maxime: Tue alles, was bei den übrigen Seminarteilnehmern die
                                                     vierung Gedanken machen: Gruppenarbeit, Tafelanschrieb, Overhead-Folien usw. Kei-
Diskussion fordert, unterlasse hingegen alles, was bei ihnen Schweigen erzeugt              nesfalls sollten schriftlich durchformulierte Passagen abgelesen werden; es sollte auf der
Für jede Sitzung wird eine Gruppe gebildet. Deren Aufgabe ist es, für eine lebhafte Diskussion im    Basis von Stichpunkten gesprochen werden.
Seminar zu sorgen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist folgendes zu beachten:                  Merke: Lieber frei und ungeschliffen reden, als unfrei und geschliffen ablesen.

1)  Die Gruppe hält kein Referat, das abgelesen wird, sondern strukturiert eine Sitzung, indem   10) Es geht also darum, eine Sitzung themenbezogen so zu organisieren, daß eine intensive
   sie Gesichtspunkte und Problemkomplexe benennt, die als Kristallisationspunkte lebhafter      Atmosphäre der Textneugier entsteht, die die Teilnehmer zu Deutungshypothesen an-
   Diskussion dienen können.                                     stiftet, die sich von der genauen Lektüre her legitimieren.
                                                       Merke: Ohne intensive Textkenntnisse aller Teilnehmer kommt keine gute Diskus-
2)  Es geht also nicht um bloße Informationsvermittlung, in der Erkenntnisse der Referats-         sion zustande.
   gruppe den Kommilitonen übermittelt werden, sondern es geht darum, einen intensiven
   Interaktionsprozeß vorzubereiten.                               11) Im Anschluß an die jeweilige Sitzung fertigt die Gruppe ein Ergebnisprotokoll an, das
                                                    zu Beginn der folgenden Sitzung verlesen wird. Es soll Ungereimtheiten und Abschwei-
3)  Die Referatsgruppe sollte deshalb immer nur soviel an positiver Information vermitteln, wie    fungen zugunsten einer stringenten Deutung eliminieren.
   für eine substantielle Diskussion nötig ist.                              Merke: Das Protokoll soll uns davon überzeugen, wie überzeugend wir waren.

4)  Eine Woche vor der jeweiligen Sitzung ist an alle Seminarteilnehmer ein Thesenpapier zu    12) Sollte ein/e Seminarteilnehmer/in nicht zu einer Sitzung erscheinen können, erwarte ich
   verteilen mit zentralen Diskussionsgesichtspunkten und Hinweisen auf Textpassagen der       vorher bzw. hinterher eine plausible Entschuldigung.
   jeweiligen Primärtexte, die als interpretationsbedürftig und -würdig angesehen werden.         Merke: Höflichkeit ist eine Zier.

5)  Unterschiedliche Meinungen der Sekundärliteratur zu einem Problemkomplex, die ggf.       Zur Hausarbeit
   durch Zitate zu dokumentieren sind, können ebenfalls zur Diskussion gestellt werden.
     Merke: Auch Literaturwissenschaftler sind irrende Menschen, deren Interpretationen       Die Hausarbeit hat im Hauptseminar die Länge von ca. 20-25 Seiten, im Proseminar
     unzutreffend oder wenig überzeugend sein können.                        sollte der Unfang etwa 12-15 Seiten betragen. Sie ist bis Ende März bzw. August
                                                     abzugeben. Ausnahmen müssen vorher mit mir abgesprochen werden. Das Thema der
6)  In der Sitzung selbst sollte auch das Vorgehen zum Thema gemacht werden. Es sollten         Hausarbeit hat im strikten Bezug zum Seminar zu stehen, freiere Themenwahl bedarf
   Zwischenergebnisse festgehalten und der weitere Gang der Diskussion kenntlich gemacht        der Absprache mit mir. Die Fragestellung kann, muß aber nicht aus dem
   werden. Auch das Thesenpapier sollte zur Diskussion gestellt werden im Hinblick darauf,       Zusammenhang der jeweiligen Sitzungen gewählt werden, an der man als Mitglied einer
                                                     Arbeitsgruppe beteiligt war. Es sollte in der Hausarbeit kein breites Spektrum erörtert,
   ob die zu diskutierenden Problemkomplexe richtig erfaßt sind oder der Ergänzung bedürfen.
                                                     sondern nur ein gut gewählter Aspekt vertieft werden. Je spezifischer der gewählte
7)  Damit das Thesenpapier eine fundierte Diskussion bewirkt, muß die Arbeitsgruppe ' vorher      Problemkomplex für die Hausarbeit ist, umso eigenständiger kann die eigene Leistung
   zwei Arbeitsphasen durchlaufen. Zunächst die der Materialerhebung und Texterschließung.       sein. Bitte teilen Sie mir in den ersten 2 Wochen der Semesterferien per E-Mail kurz Ihr
                                                     Arbeitsvorhaben mit.
   Dazu muß die Gruppe selbst den Text deuten und sich mit den Meinungen der
                                                       Merke: Besser weniges präzise darstellen, als vieles oberflächlich ansprechen.
   Sekundärliteratur auseinandersetzen.
     Merke: Man muß den Text genau kennen, um zu merken, was man nicht verstanden hat        Zur Themenabsprache sollten Sie rechtzeitig in die Sprechstunde kommen; gegen Ende
     und was interpretationswürdig ist.                               des Semesters wird erfahrungsgemäß das Gedränge groß und die Zeit knapp.
   In einem zweiten Schritt hat die Arbeitsgruppe von der Textorientierung auf die Semi-          Merke: Es gibt nichts Eiliges, das durch Zuwarten nicht noch eiliger werden könnte.
   narorientierung umzuschalten. Dazu sollte sich die Gruppe selbst fragen, ob sie sich durch
   ihr eigenes Thesenpapier zur lebhaften Diskussion animiert fühlen würde.              Achten Sie bei der Hausarbeit auf eine klare Fragestellung, zusammenhängende Argu-
                                                     mentation, korrekte Rechtschreibung (alte oder neue Regeln), richtige Zeichensetzung;
8)  Damit die Diskussion befördert wird, müssen Prioritäten gesetzt werden. Man kann nicht       sollten die letzten beiden Punkte nicht befolgt werden, führt das zum Notenabzug.
   alles behandeln, sondern muß sich entscheiden, etwas für wichtig zu halten und anderes          Merke: Germanisten/innen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen, sind keine
   abzublenden. Diese Entscheidung, der immer schon eine implizite Deutung zugrunde liegt,         Germanisten/innen.
   ist zu reflektieren.
       Merke: Lieber weniges intensiv diskutieren, als vieles oberflächlich ansprechen.