Köhlmeier


Andrea Albrecht


Mathematisches Wissen und historisches Erzählen:
Michael Köhlmeiers Roman
Abendland

I

Im Jahr 1998 sah Hans Magnus Enzensberger die Mathematik noch ins „Jenseits der Kultur“ verdrängt und durch die Sachwalter des Geistes als Anathema stigmatisiert - einen Befund, den er zum Anlass nahm, die „Ignoranz“ der Geisteswissenschaftler und der Dichter gegenüber den exakten Wissenschaften als „intellektuelle[] Kastration“ zu brandmarken. Schon vier Jahre später aber konnte er seiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Schriftsteller inzwischen auf dem Wege seien, „sich aus ihrer selbstverschuldeten wissenschaftlichen Unmündigkeit zu befreien“ und zu einer „intelligiblen Dichtung“ zurückzufinden. Tatsächlich fällt die Sichtung der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur nach mathematikaffinen Themen und Verfahren inzwischen geradezu reichhaltig aus: In den letzten Jahren haben so unterschiedliche Autorinnen und Autoren wie Durs Grünbein, Raoul Schrott, Thomas Vogel und Juli Zeh mathematische Themen in ihre Texte integriert, während Autoren wie Ulrich Woelk, Dietmar Dath, Daniel Kehlmann und Michael Köhlmeier Mathematikerinnen und Mathematiker sogar zu den Heldinnen und Helden ihrer Romane kürten. Als sollte Dietrich Schwanitz' Polemik gegen den Bildungs- und Unterhaltungswert mathematisch-naturwissenschaftlichen Wissens durch Gegenbeispiele widerlegt werden, erreichte zumindest ein Teil dieser Texte ein durchaus breites Lesepublikum. Juli Zehs spieltheoretisch inspirierter Roman Spieltrieb etwa wurde 2004 zu einem beachtlichen Verkaufserfolg, Daniel Kehlmanns anekdotischer, Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt porträtierender Roman Die Vermessung der Welt (2005) wurde zu einem internationalen Bestseller und Michael Köhlmeiers Roman Abendland (2007), in dem ein Mathematiker und Schüler von Emmy Noether als Protagonist figuriert, wurde 2007 immerhin auf die Short-List des Deutschen Buchpreises gesetzt. Figuren, Motive, Ideen und Verfahren aus dem Bereich der Mathematik, Aspekte der Thermodynamik, Spieltheorie, Stochastik, Kategorientheorie und der mathematischen Modellbildung, aleatorische und kombinatorische Schreibverfahren sind zur Zeit zwar nicht mehr, wie noch in der Literatur der Klassischen Moderne und im Strukturalismus der Nachkriegsjahre, Ausweis eines avantgardistischen Anspruchs oder einer singulären ästhetischen Ambition. Die neue Faszination für Mathematisches kann aber auch nicht als Ausfluss eines modischen Faibles für das schlechthin Unverständliche und „Ehrfurcht einflößende Mysterium“ gewertet werden, da die meisten der genannten Texte einer durchaus traditionellen, konventionellen Erzähltradition verpflichtet sind. Vielmehr scheint, und dies ist das eigentlich Erstaunliche, die Mathematik inzwischen im mainstream der deutschen Literatur angekommen zu sein, denn die mathematische Themen verhandelnden Schriftstellerinnen und Schriftsteller richten ihre Texte erfolgreich an einem breiten, an Unterhaltung und Bildung gleichermaßen interessierten Lesepublikum aus.

Besonders deutlich lassen sich diese Phänomene und die narrativen Strategien im Umgang mit der gemeinhin als spröde und unzugänglich geltenden Mathematik an Michael Köhlmeiers Roman Abendland studieren, der daher im Zentrum dieses Beitrags steht. Die Mathematik ist in diesem Text nur ein (und sicherlich nicht einmal das wichtigste) Thema unter vielen anderen. Doch es ist von Bedeutung, dass Köhlmeier der Göttinger Mathematikerszene der 1920er Jahre und der damit eng verknüpften Lebensgeschichte Emmy Noethers (1882-1935), der Begründerin der modernen Algebra, einen Platz in seinem Epochenroman einräumt und der Mathematikgeschichte damit zugleich einen exemplarischen Wert für das Verständnis der abendländischen Gesamtgeschichte zuerkennt. Das mathematische und mathematikhistorische Wissen, das in Abendland zum Thema wird, steht allerdings - und dies ist die Ausgangsbeobachtung des Beitrags - in einem problematischen, für das Verhältnis von Wissen und Erzählen allgemein signifikanten Spannungsverhältnis zur narrativen, an inpiduellen Lebensgeschichten orientierten Darstellungsform: Da mathematisches Wissen abstrakt ist, mit einem überinpiduellen und überkulturellen Geltungsanspruch auftritt und, nach einer Formulierung Karl Mannheims, in der Regel in einer von den „Spuren menschlicher Herkunft“ gereinigten Form erscheint, widersetzt es sich den üblichen poetischen und narrativen Verfahren: Die sprachbildhafte Veranschaulichung, metaphorische Beschreibung und analogische Schilderung mathematischer Inhalte erweisen sich als ebenso schwierig wie deren literarische Einbettung in allgemeine oder inpiduelle, auf Introspektion und Nacherleben setzende Geschichtserzählungen. Das „Schema der modernen Mathematik“, ihr Formalismus, ihre Abstraktheit und ihre Ahistorizität stehen, wie es bei Horkheimer und Adorno heißt, für die „Anpassung ans Tote durch die Sprache“. Im Folgenden wird es daher insbesondere um die Frage gehen, was Köhlmeier in seinem Roman von seinem mathematischen und mathematikhistorischen Sujet wie erzählbar macht und welche Aspekte des Sujets ausgeblendet oder umgangen und damit doch wieder ins „Jenseits der Kultur“ verschoben werden.

II

Im Zentrum von Köhlmeiers „üppige[m] Großroman ‚Abendland`“ steht der 95jährige, österreichische Mathematiker Carl Jacob Candoris - eine fiktive Figur, die mit ihrer fast ein ganzes Jahrhundert umfassenden Lebensgeschichte teils an den Innsbrucker Mathematiker Leopold Vietoris (1891-2002), teils an Ernst Jünger (1895-1998) und teils an die Mathematiker Hans Petersson (1902-1984) und André Weil (1906-1998) angelehnt ist. In Erwartung seines Todes erzählt Candoris - so die Rahmenhandlung des Romans - dem Sohn seines besten Freundes, dem Schriftsteller Sebastian Lukasser, die wechselvolle Geschichte seines Lebens. Aufgefordert, diese Erinnerungen schriftlich zu fixieren, macht Lukasser Notizen und Mitschnitte und bindet das Erzählte schließlich, durchsetzt mit Erzählsequenzen aus seinem eigenen Leben, zu einem Erinnerungstext zusammen, der neben den privaten Erlebnissen der Familien Candoris und Lukasser auch wesentliche Ereignisse der Geschichte des Abendlandes zwischen 1885 und 2002 erinnernd vergegenwärtigt. Im Roman konkurrieren also zwei intradiegetische Erzählerstimmen unterschiedlicher Ordnung, die von Candoris und die von Lukasser; hinter beiden Stimmen aber steht die Instanz des Autors, der letztlich in der Funktion des narrativen Arrangeurs und Sujetkonstrukteurs für die Selektion, Komposition und implizite Wertung der narrativen Elemente und Darbietungsweisen des Romans verantwortlich zeichnet. (Im Folgenden wird immer dann von ‚Köhlmeier` die Rede sein, wenn diese Zurechnungsinstanz gemeint ist.)

Zur Geschichte des Abendlandes gehören für Köhlmeier neben dem deutschen Kolonialismus, den beiden Weltkriegen und den Nürnberger Prozessen auch der Bau der ersten Atombombe, die Entwicklung des Kalten Krieges, der Deutsche Herbst und der 11. September 2001. Und auch die Kunst- und die Wissenschaftsgeschichte, insbesondere die Geschichte des Jazz und die Geschichte der modernen Mathematik, finden ausführlich Erwähnung. Narrativ verknüpft wird dieses äußerst heterogene Material durch ein episodisch-memoriales Erzählverfahren, das durch Anachronien, mäandernde Pro- und Analepsen sowohl den Erinnerungsprozess als auch den Überlieferungs- und Verschriftlichungsvorgang, d.h. Lukassers schriftliche Fixierung von Candoris' mündlichem Bericht, auf der Ebene des Erzählens nachzubilden sucht. Köhlmeier montiert Gesprächssequenzen, Zitate, mitgeschnittene Monologe und Erzählungen von Candoris mit Abschriften aus zeitgenössischen Dokumenten, Erinnerungsberichten und historischen Studien, und er verbindet diese Partikel mit beschreibenden, erläuternden, kommentierenden und ‚improvisierenden` Passagen, in denen das Geschehen aus der Perspektive des Ich-Erzählers Lukasser rekonstruiert wird.

Einen wichtigen Faktor für die Organisation und Ordnung der Erzählinhalte bildet eine Handvoll für das kollektive Gedächtnis des Westens bedeutsamer lieux de mémoire, an denen das Geschehen angesiedelt wird. Auf Köhlmeiers historischer Landkarte sind dies vor allem Göttingen, Berlin, Moskau, San Francisco bzw. Los Alamos und Tokio bzw. Hiroshima und Nagasaki. Einst die milieux de mémoire gelebter Erinnerung, die im Zuge der Historisierung mehr und mehr zu lieux de mémoire erstarrt sind und in ihrer materialen Präsenz nur noch die Spuren der abgebrochenen, vergangenen Lebenszusammenhänge tragen, werden diese Orte im Erzählverlauf des Romans in „Schauplätze“ transformiert und in der Fiktion wiederbelebt. Als „szenische[] Hintergr[ü]nd[e]“ (312) der histoire besetzt die Erzählerstimmen sie mit inpiduellen Figuren und „Begebenheiten“, in denen sich zum einen die Privatgeschichte der Hauptfiguren, zum anderen die Geschichte des Abendlandes spiegelt. Im Roman wird auf diese Weise ein die Figuren verbindendes Netz zwischen Inpidual- und Kollektivgeschichte erzeugt, das die semantisierten Räume überspannt und sie als Medien des kollektiven Gedächtnisses vergegenwärtigt. Die Erzählerfigur Lukasser kommentiert dieses in der Tradition des historischen Romans stehende Erzählprinzip wie folgt:

Nicht die Begebenheit, gleichgültig, ob schwerwiegend oder nebensächlich, [...] entscheide über Tiefe und Weite des Raumes in der Vergangenheit, der erzählend mit Sinn erfüllt wird, sondern die Frage, wie viele andere Begebenheiten, also: wieviel Welt diese eine Begebenheit unter ihr Diktat zwinge. Die Kreuzigung Christi als Faktum sei zu ihrer Zeit nichts Außergewöhnliches gewesen, erst die Evangelisten hätten dieses Ereignis erhöht und gleich zum Außergewöhnlichsten überhaupt erkoren, indem sie in ihren Erzählungen die ganze Welt darauf ausrichteten. (183)

Eine der Begebenheiten nun, die eine gehörige Portion „Welt [...] unter ihr Diktat“ zwingt und daher in Köhlmeiers Roman mehr als ein Kapitel füllt, ist Candoris' während der 1920er Jahre in Göttingen absolviertes Mathematikstudium und seine sich anschließende Promotion bei Emmy Noether. Als Erinnerungsort ist Göttingen für Köhlmeiers narrative Jahrhundertbilanz geeignet, da sich am Beispiel der Geschichte dieser zwar kleinen, aber temporär weltbedeutenden Universitätsstadt Geist und Ungeist der deutschen Geschichte auf besonders signifikante Weise anschaulich machen lassen. Wie man der Wissenschaftsgeschichte und zahlreichen Erinnerungsberichten entnehmen kann, gelang es Göttingen in den Jahren vor und nach dem Ersten Weltkrieg, zu einem dominierenden intellektuellen Zentrum mathematischer und physikalischer Forschung und damit, wie Köhlmeier schreibt, zur „Welthauptstadt der Mathematik“ (182) aufzusteigen. Angelockt von dem organisatorisch talentierten Felix Klein und dem ‚Rattenfänger von Göttingen` David Hilbert besuchte nicht nur die Spitzengruppe europäischer Mathematiker und Physiker Göttingen, wie unter anderem Albert Einstein, Bartel Leendert van der Waerden und Heinz Hopf. Auch amerikanische und russische Wissenschaftler, darunter Saunders Mac Lane, Paul Alexandroff und Robert Oppenheimer, suchten den direkten Gedankenaustausch vor Ort und beförderten die internationale und wissenschaftlich hoch produktive Stimmung, welche die Kreise um David Hilbert, Hermann Weyl, Richard Courant, Edmund Landau und Emmy Noether für drei Jahrzehnte auszeichnete.

Doch schon in den 1920er Jahren verschärften sich die politischen Spannungen, auch innerhalb der Universität. Der Dissens zwischen den mehrheitlich nationalkonservativen Geisteswissenschaftlern und den liberaler orientierten Naturwissenschaftlern und Mathematikern führte 1922 zur Spaltung der philosophischen und zur Gründung der mathematisch-physikalischen Fakultät. Wirtschaftliche Schwierigkeiten und der sich erhöhende politische Druck beeinträchtigten die wissenschaftliche Arbeit immer mehr, bis ihr die Nationalsozialisten 1933 schließlich ein abruptes Ende bereiteten oder zumindest eine einschneidende Zäsur erzwangen. 78 Wissenschaftler, darunter 21 Mathematiker und 17 Physiker, wurden infolge der Machtübernahme aus Göttingen vertrieben. Zwar setzte sich auch unter nationalsozialistischer Herrschaft die mathematische Forschungstätigkeit fort, doch die einstige Größe war ruiniert, der Ruf Göttingens zerstört.

Nicht zuletzt aufgrund dieser drastischen Demontage werden in den Egodokumenten, den Autobiographien und Memoiren der Zeitzeugen die 1920er Jahre als ein ‚goldenes Zeitalter` erinnert, in dem kurzzeitig eine alternative, friedliche Entwicklungsmöglichkeit der deutschen Wissenschaftsgeschichte im Besonderen, aber auch der deutschen Geschichte im Allgemeinen aufzuleuchten schien. In diese vielstimmige, noch durch eigene Erinnerungen authentifizierte Erinnerungskultur, in der in einem einerseits emphatisch-enthusiastischen, andererseits kritisch-melancholischen Ton das Göttingen der Zwischenkriegsjahre lebendig gehalten wird, schreibt sich Köhlmeier mit seinem fiktiven Erinnerungsbericht ein, wenn er den Ich-Erzähler Lukasser die Studienjahre von Candoris als Zeit der Teilhabe am „goldenen Göttinger Zeitalter[]“ (625) rekonstruieren lässt:

Nach der Matura in Wien immatrikulierte sich Carl 1926 an der Georg-August-Universität in Göttingen und studierte Mathematik an der philosophischen Fakultät. [...] Seine Vermieterin war eine Kriegerwitwe, die ihn wegen seines wienerischen Tonfalls für einen Adligen - incognito! - hielt, auf alle Fälle für einen sehr vornehmen Herrn, der herabgestiegen war, um das Studentenleben kennenzulernen. [...] Er sei, erzählte Carl, beseelt gewesen von dem Gedanken, wenigstens eines der dreiundzwanzig Probleme zu lösen, die David Hilbert zu Beginn des Jahrhunderts [...] als die letzten großen seiner Wissenschaft apostrophiert hatte. [...] die Georgia Augusta [behauptete] ihren Weltruf nun schon seit einem guten Jahrhundert glänzend [...]: schließlich hatten Carl Friedrich Gauß und Peter Gustav Lejeune Dirichlet hier gelehrt. Und Bernhard Riemann, der mit der Einführung der Zeta-Funktion der Mathematik eine neue Dimension eröffnet [...] hatte, die seinen Namen trägt und die Hilbert in seinem Katalog als jenes Problem (Nummer 8) bezeichnete, das wohl am längsten auf eine Lösung werde warten müssen. (253f.)

Abgesehen davon, dass die Mathematik zum Zeitpunkt von Candoris' Studienbeginn schon nicht mehr Teil der philosophischen Fakultät war, Köhlmeier bzw. seine Erzählerfiguren es also hier (und an anderen Stellen) mit den historischen Details offenkundig nicht sonderlich genau nehmen, offenbaren die wissenschaftliche Genealogie und die Ausführung zur Riemann'schen Vermutung die mathematik- und kulturhistorische Erzählambition: Die abgerufenen Elemente des Studentenromans - die Immatrikulation, das Beziehen einer ‚Studentenbude` in einer fremden Stadt, die Benennung der Studienmotivation, das Lob der Alma Mater und das Einrücken der eigenen Person in die Traditionslinie der akademischen Honoratioren - dienen nur als Folie, vor der die epochale Signifikanz der Göttinger Begebenheiten, ihre Bedeutung für die Wissenschaftsgeschichte und das kollektive Gedächtnis umso deutlicher konturiert werden können. Das organisierende Zentrum der Narration bildet dabei Emmy Noether. Sie ist die Figur, über deren biographische und figurenpsychologische Charakterisierung der historische Schauplatz Göttingen wiederbelebt und im Zuge der literarischen Narration zu einem für die deutsche Geschichte exemplarischen Erinnerungsraum verdichtet wird, in dem sich die historischen, biographischen, memorialen und fiktionalen Spuren kreuzen.

III

Das katastrophische Schicksal Emmy Noethers, die 1933 von den Nationalsozialisten ins amerikanische Exil gezwungen wird und kurz darauf, am 14. April 1935, an den Folgen einer Operation stirbt, wird im Roman exemplarisch vorweggenommen, indem der Erzähler im Rahmen einer Prolepse von einem 1935 stattfindenden letzten Zusammentreffen seines Protagonisten Candoris mit seiner inzwischen 53 Jahre alten „Doktorvaterin“ (258) berichtet:

Das Zusammentreffen mit seiner ehemaligen Professorin [Emmy Noether, A.A.] verwirrte ihn [Candoris, A.A.]. Sie war eine gebrochene Frau, aber sie hielt noch ihre Scherben zusammen. Was sie erzählte, führte ihm, der sich gerade anschickte, das Leben leichtzunehmen, deutlich vor Augen, wie schwer das Leben in Deutschland inzwischen geworden war. „Daß nämlich die Witzfiguren, über die meine Freunde und ich in Göttingen und später in Wien trotz ihres brachialen Auftretens immer nur gelacht hatten, offenbar sehr erfolgreich darangingen, ihre wahnsinnigen Ideen umzusetzen.“ Frau Dr. Noether, Jüdin und linke Sozialdemokratin, hatte bereits 1933 Deutschland verlassen, sie lehrte als Gastprofessorin am Bryn Mawr College in Pennsylvania und forschte zusammen mit einigen ihrer jüdischen Kollegen aus Göttingen und anderen deutschen Universitäten in Princeton am Institute for Advanced Study. (176)

Gegen diese Brüche und Scherben hebt sich die Schilderung des Göttinger Mathematikermilieus der 1920er Jahre, der Köhlmeier das sechste Kapitel seines Romans widmet, nun umso leuchtender ab. Die Episode ist als eine intensive und atmosphärisch dichte Zeit wissenschaftlichen Miteinanders inszeniert, in der über nationale, religiöse, kulturelle, politische und disziplinäre Grenzen hinweg einem Ideal reiner Erkenntnis gehuldigt wurde. Deutsche, Italiener, Russen und Amerikaner, Kommunisten wie „Antikommunisten“ (262), Juden wie Christen, Frauen wie Männer trafen sich im „Seminarraum“ (259), in der „Villa des Tuchfabrikanten Levin in der Merkelstraße “ (262), in den „Schilleranlagen“ (278) oder in Emmy Noethers „Wohnzimmer in der Weenderstraße“ (255), um „‚Mathematik zu reden`“ (267), und das hieß nach der Vorstellung Emmy Noethers: Mathematik als dialogische Denklehre zu betreiben. In einer an Godfrey H. Hardys Mathematikverständnis erinnernden Beschreibung lässt Köhlmeier seinen Helden Candoris erläutern, dass den Mathematikern nicht an der Verwertung, sondern an der ‚Unsinnigkeit` und Nutzlosigkeit ihres Wissens gelegen gewesen sei (296, 648f. u.ö.), sie sich möglichst „frei von nützlicher Arbeit halten“ (88) wollten und die Göttinger Atmosphäre eben diese produktive, aber anwendungsferne Versenkung ermöglicht habe. Zwar gibt es geschlechterpolitische Spannungen, die sich nicht zuletzt an der Person Emmy Noethers entzünden. Und es bildet sich, auch davon berichtet Candoris, unter den Studenten parallel zu ihrer einvernehmlichen wissenschaftlichen Beschäftigung eine latente Gewaltbereitschaft aus: Sie organisieren sich in nationalistischen Burschenschaften, üben sich regelmäßig im „Faustkampf“ (256) und lassen es untereinander immer wieder auf handgreifliche Auseinandersetzungen ankommen. Doch insgesamt überwiegt in dem im Roman vergegenwärtigten Erinnerungsbild die intellektuelle Hingabe an die exakten Wissenschaften:

„Zu jener Zeit“, erklärte mir Carl mit einem resignierten Lächeln, „war Göttingen tatsächlich die Welthauptstadt des exakten Geistes, und es gehörte zur Tagesroutine, in den Cafés oder der Mensa oder in der Bibliothek neben einem oder manchmal sogar mehreren Nobelpreisträgern zu sitzen [...].“ - Unter anderem studierten und lehrten damals in Göttingen: Richard Courant, Paul Dirac, Georg Gamow, Enrico Fermi, Edward Condon, James Franck, Wolfgang Pauli, Max Born, Werner Heisenberg und auch der russische Mathematiker Lev Schnirelmann [...]. (260)

Die von Köhlmeier sorgfältig komponierte Namensliste - er ergänzt sie ein paar Seiten darauf um einen (fiktiven) Schüler von Ernest Rutherford (261) und „Julius Robert Oppenheimer“ (263) - offenbart allerdings bereits die zukünftigen Bruchstellen: Zu der in Göttingen meistenteils friedlich vereinten scientific community zählen mit Edward U. Condon, George Gamow, Enrico Fermi, James Franck und Robert Oppenheimer bereits auch die Naturwissenschaftler, die sich 1941 im „Manhattan Project “ (638) in Los Alamos zur Entwicklung der ersten Atombombe zusammenfinden sollten. Hier, „auf der Mesa von Los Alamos“, wird der Erzähler im vierten und letzten Teil des Romans Candoris 1944 wieder mit seinen Göttinger Kollegen zusammenführen, vereint in dem „immerwährenden Ausnahmezustand dieses irisierenden Herrn Oppenheimer und seiner Welt“ (265).

Die Mesa, das war ein steiniges Plateau zweitausend Meter über dem Meer; ein Altar in Wahrheit, ein Altar, auf dem die Genies meiner Generation in bis dahin nicht beobachteter Einigkeit opferten und geopfert wurden - darunter ein mysteriös überdurchschnittlicher Prozentsatz an Göttingern. (608)

Durch einen panoramatisch geweiteten Blick lässt sich in Abendland so anhand einzelner, fiktiver und historischer Figuren verfolgen, wie das in Göttingen gelegte Fundament reinen Wissens sich während des Dritten Reichs ideologisiert und sich schließlich auch US-amerikanischen und sowjetischen Interessen zu assimilieren beginnt: Während ein Teil der Göttinger, darunter Candoris, in Los Alamos die „totale Zerstörung“ (608) zunächst imaginiert und dann zumindest als partielle Zerstörung auch realisiert und ein anderer Teil am „Physikalisch-Technischen Institut in Charkov in der Ukraine“ mit vergleichbaren Rüstungsaufgaben betraut ist (630), haben sich die meisten der in Deutschland verbliebenen Göttinger mit der ‚Arisierung` ihrer Fachbereiche und mit den Vertretern einer „deutschen Physik, einer deutschen Chemie und einer deutschen Mathematik“ (625) weitgehend arrangiert. Die Emmy Noether in den Mund gelegte Überzeugung, dass „Kernphysik“ und „angewandte Mathematik“ als „Kinderkram“ (261) zu gelten haben, erweist sich somit retrospektiv als naive, weltfremde Illusion. „Ihr seid euch gar nicht bewußt, wie wertvoll euer Gehirn ist“ (260), hatte noch in Göttingen ein Physiker zu Candoris gesagt. Selbst die anwendungsfernsten wissenschaftlichen Ergebnisse sind vor Ideologisierungen und politischen Instrumentierungen nicht gefeit; Mathematik ist - diese Erkenntnis sucht Köhlmeier narrativ herauszustreichen - eine durch und durch menschliche Wissenschaft, die entgegen ihrer dem Selbstbild der Mathematiker entsprechenden ‚Reinheit` hinsichtlich ihrer Genese und ihrer Wirkung tief in die Welt machtpolitischer Interessen verstrickt ist. Gerade die Autonomisierung der reinen Mathematik, d.h. die unter Hilbert, Noether und anderen im Zeichen eines mathematischen l`art pour l`art betriebene Suspendierung anwendungs- und nützlichkeitsorientierter Forschungsgesichtspunkte, erweist sich aus dieser Perspektive als notwendige Voraussetzung für eine in die Zukunft verschobene, aber umso effektivere Einflussmöglichkeit vormals anwendungsfernen mathematischen Wissens auf die Lebenswelt.

Im Unterschied zur Ideologisierung und Politisierung ihres wissenschaftlichen Umfelds verkörpert Emmy Noether im Roman die noch reine, unschuldige Form mathematischer Forschung. Zwar erfährt man von ihren mathematischen Arbeiten, die sie zur wichtigsten Mathematikerin des 20. Jahrhunderts machen sollten, kaum etwas, denn Köhlmeier belässt es beinahe durchgehend bei der Aufzählung mathematischer Schlagwörter: „Sie schrieb Arbeiten zur Eliminationstheorie, zur klassischen Idealtheorie, zur Darstellungstheorie, zur Modultheorie, zur Klassenkörpertheorie.“ (296) Dem Genre des historischen wie des biographischen Romans gemäß macht Köhlmeiers Erzähler allerdings die abstrakten Denkinhalte der Mathematik durch eine Darstellung der Menschen, für die sie Bedeutung haben, erzählbar. Sowohl Candoris als auch seine Lehrerin Emmy Noether werden als Mathematiker charakterisiert, die ihr Fach mit Talent, Ehrgeiz und großem intellektuellem und emotionalem Engagement betreiben. Für den Entwurf des Charakterbilds von Emmy Noether hält sich der Autor, sieht man von historischen Ungenauigkeiten einmal ab, in groben Zügen an die historischen und biographischen Zeugnisse, nimmt jedoch spezifische Gewichtungen vor. Zur narrativen Veranschaulichung von ihrer ungebremsten mathematischen Leidenschaft verarbeitet Köhlmeier beispielsweise eine durch van der Waerden überlieferte Anekdote, der zufolge Noether, wenn sie keine zufriedenstellende, unkonventionelle Lösung einer mathematischen Problemstellung finden konnte, „die Kreide auf den Boden warf, darauf herumtrampelte und ausrief: ‚Jetzt muß ich es doch so herum anstellen, wie ich es nicht wollte!`“, um kurz darauf in ein lautes Lachen über sich selbst auszubrechen und den mathematischen Denkprozess unverzüglich wieder aufzunehmen (255).

Dem mathematischen Enthusiasmus korrespondiert in Köhlmeiers Noether-Bild - und hier folgt er dem verbreiteten, auch in Daniel Kehlmanns Die Vermessung der Welt und Durs Grünbeins Vom Schnee satirisch ausgereizten Klischee vom weltfremden wissenschaftlichen Genie - ein Desinteresse an der nicht-mathematischen Umwelt. Noether hat demnach nicht nur keinen „Geschmack“ (256) und keinen Sinn für emotionale Nähe (258), sie erscheint in Abendland auch, was biographisch umstritten ist, als eine politisch desinteressierte und uninformierte Person. Sie sei „ein grundgütiger Mensch“ gewesen, „politisch naiv, sie hat in niemandem das Schlechte gesehen [...]. Sie hatte sich geirrt, das wissen wir definitiv“ (621), konstatiert ein britischer Alliierter. Doch weder Noethers wissenschaftliche Leidenschaft noch ihre politische Naivität liefern Köhlmeier den Schlüssel zu ihrem Charakter. Diesen meint er vielmehr jenseits der kolportierten Anekdoten in der vermeintlichen Hässlichkeit Emmy Noethers ausmachen zu können, womit er eine in der Noether-Literatur zum Topos geronnene Attribuierung fortschreibt. In nahezu allen Nachrufen, Erinnerungen und biographischen Skizzen - eine wohltuende Ausnahme bildet Albert Einsteins Nachruf - wird auf das äußere Erscheinungsbild Emmy Noethers explizit hingewiesen, und zwar zum Teil mit einer durchaus wohlgemeinten Geste. Als Begründer dieser topischen Rede darf wohl Hermann Weyl gelten, der sich in seinem Memorial vom 26. April 1935 an die verstorbene Kollegin und Freundin mit den Worten richtete:

No one could contend that the Graces had stood by her cradle; but if we in Göttingen often chaffingly referred to her as „der Noether“ (with the masculine article), it was also done with a respectful recognition of her power as a creative thinker who seemed to have broken through the barrier of sex. [...] she was a one-sided being who was thrown out of balance by the overweight of her mathematical talent. Essential aspects of human life remained undeveloped in her, among them, I suppose, the erotic [...].

Trotz des freundschaftlichen und bewundernden Tons, in dem Weyls Eloge gehalten ist, ist seine Rede durch die bekannten Muster aus dem anti-emanzipatorischen, chauvinistischen Diskurs des frühen 20. Jahrhunderts geprägt. Denn in welchem Nachruf auf einen männlichen Mathematiker würde das Aussehen eine so prominente Rolle spielen? Die männliche Rede über die wissenschaftlich erfolgreiche Frau kommt in den 1920er und 1930er Jahren offenkundig nicht ohne einen Verweis auf ihre unweibliche Erscheinung aus, doch auch später bleibt Noethers äußeres Erscheinungsbild Thema - eine Konstante, angesichts derer Candoris'/Lukassers Schilderung von Emmy Noethers Äußerem kaum Anlass zur Verwunderung gibt:

Zweifellos war sie keine schöne Frau - klein, kurzatmig, halslos, mit einem weichen, jeder Bewegung des Körpers hinterherwalkenden Bauch, der über den Nabel kippte, wenn sie saß. Außerdem trug sie unvorteilhaftes Gewand, worin sie aussah, als lasse sie sich gehen, was ja vielleicht auch der Fall war. Sie hatte einen Watschelgang, der sie gewollt tolpatschig erscheinen ließ, wie ein Kind, das sich letzte Sympathien holen will, indem es den Klassenclown spielt, und sie trug eine Brille, deren Gläser so stark waren wie die Linsen auf Taschenlampen. Sie rasierte sich zweimal in der Woche und hielt ihre Lehrveranstaltungen ungeniert mit Stoppelbart ab. Die Studenten nannten sie „den Noether“. (255f.)

Die Charakterisierung folgt allerdings nur zum Teil den historischen Vorlagen. Die evokativen Ausschmückungen der hässlichen körperlichen Details, etwa die Tolpatschigkeit und der Damenbart, sind hingegen der dichterischen Phantasie des Autors bzw. seiner fiktiven Erzählerfiguren entsprungen. Und dennoch reiteriert die Narration an dieser Stelle nur den für das frühe 20. Jahrhundert typischen Diskurs über die akademische Frau. So findet sich beispielsweise in der von Arthur Kirchhoff 1897 unter deutschen „Professoren, Frauenlehrern und Schriftstellern“ durchgeführten Umfrage, an der sich auch Göttinger Professoren beteiligten, eine ganze Reihe von Stellungnahmen, in denen vor der Vermännlichung akademisch ambitionierter Frauen gewarnt wird. Dabei stehen, wie man Paul J. Möbius' Schrift Ueber die Anlage zur Mathematik (21907) entnehmen kann, insbesondere mathematisch ambitionierte Frauen im Verdacht einer zwitterhaften Geschlechtlichkeit: „Hat ein Weib mathematisches Talent, so ist es ebenso, als ob sie einen Bart hätte“, merkt Möbius lakonisch an.

Angesichts dieser Übereinstimmungen stellt sich die Frage, ob Köhlmeier die seinen Erzählerfiguren in den Mund gelegte Schilderung von Emmy Noethers äußerem Erscheinen bewusst an den Diskurs des frühen 20. Jahrhunderts anlehnt, etwa um die zeittypischen Vorurteile und Denkparadigmen als solche abzubilden und gegebenenfalls auch vorzuführen. Sätze wie „Frau Professor Noether paßte nicht in die Zeit, die sich so dandyhaft und blasiert gab und sich in einem amoralischen Ästhetizismus gefiel“ (255), scheinen diese Vermutung zu bestätigen. Allerdings fehlen im Roman Signale, die einen Zweifel an der konstatierten Hässlichkeit, der Zuverlässigkeit der (fiktionalen) Zeitzeugen oder an der Relevanz und Dignität der angelegten Beschreibungskriterien erkennen ließen. Zudem geht Köhlmeier mit seiner Darstellung einen entscheidenden Schritt über den zeitgenössischen Diskurs und die retrospektiven Stellungnahmen hinaus, wenn er nicht nur Erzähler und Protagonisten die Beobachtungen bestätigen, sondern schließlich sogar Emmy Noether selbst die chauvinistische Perspektive teilen lässt. Um diese narrative Wendung nachvollziehen zu können, hat man sich jedoch noch ein wenig genauer auf den um Emmy Noether zentrierten Handlungsstrang einzulassen.

IV

Den Nukleus der Noether-Episode bildet ein vom Autor erfundender Eklat: Emmy Noether wird, zusammen mit zwei weiteren äußerst hässlichen Menschen, während eines Forschungsaufenthalts in Moskau in geselliger Runde von dem russischen Mathematiker und Dolmetscher Pontrjagin attackiert. In einer kruden Mischung aus Hegel'scher Ästhetik, Oscar Wilde'schem Ästhetizismus, Gobineau'schem Biologismus und faschistisch-stalinistischem Amoralismus geißelt dieser das Hässliche als „Krebsgeschwür“ (272) und behauptet, dass der „neue Mensch [...] nicht nur glücklich“, sondern „auch schön sein“ müsse (274). „Ohne das Häßliche würde sich das Schöne von seiner Erdenschwere lösen, und es wäre - göttlich!“ (273) pointiert er und lässt seine Tirade schließlich in der Behauptung gipfeln, dass ausschließlich „das Schöne lebenswert“ sei (275), das Hässliche als die „positive Negation“ (272) des Schönen aber eliminiert gehöre (273f.).

Im Rahmen der Geselligkeit wird dieser These nur vom hässlichen Jossif Aszaturow widersprochen, und zwar durch die Angabe eines brisanten Gegenbeispiels: „‚Stalin! Ist er schön oder häßlich?` [...] Pontrjagin wurde blaß wie Schafskäse.“ (275) Hässlichkeit, die gepaart mit Macht und Gewalt auftritt, möchte Pontrjagin in seine ästhetizistische Vernichtungsphantasie lieber nicht einschließen. Emmy Noether allerdings zählt nicht zu den Mächtigen. Obgleich sie durch die Redeattacke ebenfalls sichtlich verletzt ist, meldet sie sich nicht zu Wort, spricht sich jedoch noch in der Nacht mit ihrem Doktoranden Candoris aus. Nachdem sie - so Köhlmeiers Plot - ihm gestanden hat, schon während der Pubertät ihre Hässlichkeit erkannt zu haben (283), kommt sie auf den Eklat zu sprechen, wobei sie die persönliche Verletzung, das wegen ihrer Hässlichkeit empfundene „Weh“ (271), herunterspielt, dafür aber Pontrjagins Forderung einer Axiomatisierung und „wissenschaftlichen Prüfung“ (273) ästhetischer Argumente Folge leistet:

Der Pontrjagin denkt klar [...]. Interessant an seiner Überlegung ist doch nur eines: Schönheit geht in Schönheit unter. Schönes wird durch Schönes entwertet. Häßliches dagegen gewinnt unter Häßlichem an Kontur. Daraus schließe ich: Das Schöne ist eine Variable, das Häßliche eine Konstante. Damit aber wäre seine Vermutung widerlegt. (284f.)

Noethers akademische, wie eine mathematische Deduktion formulierte Replik entlarvt einmal mehr die ihr vom Erzähler schon an anderer Stelle zugeschriebene politische Naivität. Denn anstatt die von Jossif Aszaturow ins Spiel gebrachte politische Argumentation aufzugreifen, ist Noether offenkundig „der Meinung, die Welt sei von Grunde auf vernünftig und deshalb bis in ihre Verästelungen logisch deduzierbar.“ (88) Candoris hingegen erkennt in Pontrjagins Ideologie das Gewaltpotenzial, dem er nur mit Gegengewalt begegnen kann: Nachdem er schon in Göttingen den Ruf seiner Doktorvaterin gegenüber seinen Kommilitonen notfalls handgreiflich verteidigt hatte (256), versucht er Pontrjagin im Anschluss an die Aussprache mit Noether umzubringen und hält sich in der Folge - und dies ist die tragende Handlungsfunktion der Noether-Episoden - mehrere Jahre lang für einen Mörder.

Welche Bedeutung aber kommt Noethers in der Verkürzung reichlich kryptisch wirkender Widerlegung Pontrjagins zu? Im Roman stellt der Erzähler der in direkter Rede ausgebrachten Deduktion eine Erläuterung aus der autorisierten Perspektive Candoris' voran - eine Dopplung, welche die historische Adäquatheit und die Relevanz der Aussagen ebenso unterstreicht wie ihre Sanktionierung durch den Autor. Der Erläuterung zufolge war Emmy Noether in Moskau „drückend bewußt“ geworden, „daß ihre eigene Häßlichkeit in Gegenwart“ anderer Hässlichkeiten

nicht etwa relativiert [...], sondern verstärkt wurde [...]. Ein häßlicher Mensch neben einem schönen Menschen wird vielleicht zum Kontrast degradiert, aber weil sich durch ihn die Schönheit des anderen in gewisser Weise erst manifestiert, ja definiert, fällt ein Widerschein des Glanzes auch auf ihn. Mag sein, daß Schönheit in Schönheit untergeht, ein Häßliches jedoch macht auf ein anderes Häßliches erst aufmerksam, und am Ende erscheinen beide häßlicher als zuvor, als sie noch einzeln vor das Auge traten. (270)

Nimmt man diese Gedankenführung inhaltlich ernst, so hat Pontrjagin mit seiner faschistisch-stalinistischen Ableitung in Noethers Augen unrecht, weil das Schöne des Hässlichen notwendig bedürfe. Im Anschluss an eine erfolgreich und vollständig durchgeführte Eliminierung des Hässlichen würde hingegen auch das Schöne vergehen bzw. sich neben all dem anderen Schönen selbst entwerten. Das Hässliche, an dem laut Konstruktion des Romans Emmy Noether Anteil hat, ist also eine bleibende Konstante in der Welt, nicht das von seiner Umgebung abhängige und insofern variable Schöne.

Obgleich man weder die Prämissen dieses Arguments für gut fundiert noch die syllogistische Conclusio für logisch zwingend halten muss, liegt die Bedeutung der Noether zugeschriebenen Replik vor allem darin, dass sie sich mit der systemkonformen Negation von Pontrjagins These auf seine dubiose ästhetische Argumentation einlässt, somit aber das Kategorien- und Wertungssystem von Pontrjagin durch keine der narrativen Instanzen einer Prüfung unterzogen wird. Im Roman erscheint die Einteilung und Bewertung der Welt in sinnlich Schönes und sinnlich Hässliches stattdessen als unhinterfragtes, ästhetisch sinnvolles Paradigma - eine implizite normative Entscheidung, für die nicht die Erzählerfiguren, sondern der Autor einzustehen hat. Für die Konstruktion seines Sujets hätte Köhlmeier ebenso gut ein anderer, ideologiekritischer Weg offengestanden: Noether hätte Pontrjagins Kategoriensystem beispielsweise in Anknüpfung an Candoris' Überzeugung von der unsinnlichen, intellektuellen Schönheit der Mathematik, die deshalb „zugleich Wissenschaft und Kunst“ (648) genannt zu werden verdiene, als fragwürdige Setzung entlarven und seine ästhetische Axiomatik damit ins Wanken bringen können. Indem Köhlmeier diese Verbindung nicht zieht, lässt er ein ästhetisches Potenzial ungenutzt, das in seinem Thema, der modernen Mathematik, angelegt gewesen wäre, für dessen Entfaltung er sich aber eingehender auf den mathematischen Wissenstypus hätte einlassen müssen.

Noethers ästhetische Deduktion aber hat im Roman eine andere Funktion, die uns zurück zu unserer Ausgangsfrage führt. Denn Köhlmeier geht es weder um die Aufdeckung chauvinistischer Diskursparadigmen noch um die Präsentation einer mathematisch informierten Ästhetik. Die Konzeption der Noether-Episode speist sich vielmehr aus dem Motiv, einen Zugriff auf die sich dem Erzählen entziehende Mathematik zu gewinnen. Zu diesem Zweck ist es dem Autor bzw. seinen Erzählerfiguren um eine Vermenschlichung, und das heißt hier vor allem: um eine Verweiblichung des mathematischen Genies Emmy Noether zu tun. Im Gegensatz zu dem schönen, mäßig begabten Mann Candoris ist die hässliche, geniale Noether zwar als ein „Kauz“ porträtiert (280): Nach außen hin scheint sie ganz für die Mathematik zu leben (vgl. u.a. 283). Diese Hingabe aber enthält, wie Köhlmeier der Leserin durch den Mund seines Protagonisten Candoris und dessen fiktionalen Biographen Lukasser kund tut, „kein Stück Leben, nicht ein Stück Welt.“ Mathematisches Wissen bedeute „nichts, aber auch gar nichts“ (649), darf Candoris zum Ende des Romans apodiktisch feststellen. Doch anstatt die Mathematikerin für die vermeintliche Nichtigkeit und Bedeutungslosigkeit ihrer Existenz im Nachhinein zu desavouieren, entdeckt Köhlmeier der Leserin und dem Leser in ‚dem Noether` die Frau Noether. Das zeitgenössische Klischee von der zwitterhaften Geschlechtlichkeit der Mathematikerin wird durch das Klischee fragiler und empfindsamer Weiblichkeit ersetzt. Denn hinter ihrer unansehnlichen und unweiblichen Fassade meint der Autor - und dies ist die narrative Ratio der Noether-Episode - die verletzte Seele einer zart fühlenden und leicht verletztbaren Frau ausmachen zu können, die - wie könnte es anders sein - des männlichen Schutzes durch einen Mann, durch Carl Jacob Candoris bedarf. Ausweis der verborgenen Weiblichkeit ist Noethers anlässlich des Moskauer Eklats zu Tage tretendes Leiden an ihrer Hässlichkeit, ihr angeblich seit ihrer Jugendzeit empfundenes „Weh“ (271). In diametraler Entgegensetzung zu Emmy Noethers offener und engagierter Herzlichkeit, an die sich ihre Schüler und Freunde in großer Einmütigkeit erinnern, wird Noether in Candoris' Erinnerung so als eine im Grunde ihres Herzens verängstigte, emotional distanzierte und vornehmlich um ihre eigene Verletzlichkeit bekümmerte Frau präsentiert: „Daß Emmy Noether ähnlich wie er [Candoris, A.A.] niemanden auf Herzensnähe an sich heranließ, hatte andere, gewiß nicht dandyhafte Gründe; im Gegenteil: Arroganz war ihrem Wesen völlig fremd. Sie hatte Angst, am Ende ausgelacht zu werden.“ (258f.) Diese im Kern selbstbezügliche, ‚typisch weibliche` Angst, und nicht etwa ihre mathematischen Ambitionen und Leistungen, nicht ihr (historisch belegtes) Bemühen um das Fortkommen ihrer Schüler oder ihre anteilnehmende Sorge um die von den Nazis verfolgten Verwandten und Freunde, ist es, was Köhlmeier der Leserin und dem Leser als Schlüssel für die empathische, Mitleid einfordernde Annäherung an den Menschen Noether offeriert.

Köhlmeier setzt damit auf ein bewährtes literarisches Darstellungsmittel: die einfühlende Introspektion, die es ihm zum einen ermöglicht, die Abstraktheit des mathematischen Wissens zu personalisieren, und zum anderen, die karikaturhafte Verkürzung des Mathematikerstereotyps durch ein inpidualisiertes Bild zu ersetzen. Sieht man einmal davon ab, dass auf diese Weise das Mathematikerklischee durch ein Weiblichkeitsklischee ersetzt wird, liefert Abendland ein Porträt der Mathematikerin Noether, das nicht durch Bewunderung oder Respekt, sondern durch Nähe und Intimität geprägt ist. Gerade weil die Mathematik im Allgemeinen, und Emmy Noethers abstrakter mathematischer Ansatz im Besonderen, einer Literarisierung Widerstand entgegensetzt, vermeidet Köhlmeier eine detailliertere Auseinandersetzung mit mathematischen Themen und konzentriert sich stattdessen auf seine fiktive charakterologische Analyse, welche die Ausnahmemathematikerin Noether zurück ins Menschliche, Lebensweltliche und Nahe führt. Er macht Emmy Noether somit auf konventionellem Wege für die Leserin und den Leser erreichbar - ein Unterfangen, das dem „ komplizierte[n] Mensch[en]“ (291) und Inpiduum Emmy Noether nicht gerecht werden kann, dafür aber einen umso deutlicheren Einblick in das strategische Arsenal eines mit der Mathematik und der Mathematikgeschichte ringenden Autors gestattet.

V

Mathematische Texte, etwa Noethers Abstrakter Aufbau der Idealtheorie in algebraischen Zahl- und Funktionenkörpern (1926) oder die Candoris zugeschriebene (297), eigentlich von Hans Petersson stammende Dissertation Über die Darstellung natürlicher Zahlen durch definite und indefinite quadratische Formen von 2r Variablen (1926), sind wissenschaftlich normierte, von den „Spuren menschlicher Herkunft“ bereinigte Texte, in denen das „ideale Subjekt“ des mathematischen Diskurses an die Stelle des ‚realen` Mathematikers getreten ist. Über das „historische[] Subjekt“ des Mathematikers geben mathematische Studien daher wenig preis; Leserin und Leser werden höchstens in den Paratexten, den Angaben zur Person, den Danksagungen, Vorworten und Motti über den Autor oder das Autorenkollektiv informiert. In mathematikhistorischen und biographischen Studien steht das historische Subjekt des Mathematikers hingegen im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses. In Cordula Tollmiens historiographischen Arbeiten zu Emmy Noether beispielsweise werden eben die ‚unreinen` biographischen, sozialen, historischen und politischen Kontexte rekonstruiert und für die historische Analyse aufbereitet, die im Zuge der disziplinären Normierung durch das ‚Aufschreiben` einer mathematischen Erkenntnis aus den mathematischen Texten notorisch herausfallen. Mathematikgeschichtliche Darstellungen vermitteln, und zwar unabhängig davon, ob sie von einem mathematikinternen oder einem mathematikexternen Standort aus verfasst sind, zwischen der Genese und Geltung mathematischen Wissens auf der einen und den mathematischen Akteurinnen und Akteuren, die Urheber und Träger dieses Wissens waren, auf der anderen Seite. Welche Rolle kann in diesem ausdifferenzierten wissenschaftlichen Diskursfeld nun die Literatur übernehmen, die, wie Köhlmeiers Roman, Aspekten der Mathematik und ihrer Geschichte so viel Platz einräumt?

Wie wir gesehen haben macht Köhlmeier - wie in anderer literarischer Formung auch Daniel Kehlmann und Durs Grünbein - die Mathematik selbst nur indirekt, d.h. personalisiert in Mathematikerfiguren und historisiert als Teil eines vergangenen, erinnerbaren Geschichtsprozesses, zum Thema. Sein Roman dient daher nicht der Popularisierung mathematischen oder mathematikhistorischen Wissens, die beispielsweise in den Mathematikerporträts Dietmar Daths oder auch in Simon Singhs Fermat's Last Theorem (1997) statthatt. Und Köhlmeier verwendet im Unterschied etwa zu Juli Zeh und Ulrich Woelk die Mathematik auch nicht als einen den Plot bzw. die Figurenkonstellationen strukturierenden Ideensteinbruch. Die besondere, auf tragische Weise mit der deutschen Geschichte verknüpfte Lebensgeschichte Emmy Noethers wird in Abendland vielmehr dazu genutzt, aus einem für die deutsche Literatur noch unverbrauchten Blickwinkel heraus die Bilanz einer Epoche zu ziehen und in einer Folge narrativer Episoden zu gestalten. Damit kehrt für Köhlmeiers Roman allerdings die im 19. Jahrhundert aufbrechende Spannung zwischen Erzählen und Wissen, Poesie und historischer Wissenschaft in neuem, nun wissenschafts- bzw. mathematikhistorisch gefärbtem Gewand wieder: Unter dem Druck historiographischer Wissensakkumulation hatte der klassische historische Romancier begonnen, sich mehr und mehr autobiographischer und biographischer Erzählverfahren zu bedienen - ein literarhistorischer Prozess, der Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer regelrechten Schwemme „lose[r] und billige[r] Biographik“, zu einem simplifizierenden bildungsbürgerlichen „Heroenkult[]“ geführt hatte. Für Walter Benjamin, Siegfried Kracauer und andere Kritiker galt dies als „Zeichen der Flucht; genauer: der Ausflucht“ vor der Komplexität der Moderne, als ein von Literatur und Populärwissenschaft getragener Kompensationsversuch. Für Köhlmeier hingegen stimulieren nicht mehr die Ubiquität und Komplexität allgemeinen historischen Wissens, sondern der Spezialisierungs- und Abstraktionsgrad mathematischen und mathematikhistorischen Wissens eine erzählerische Ausweichbewegung: Sein grand récit speist sich - und zwar nicht nur in den Emmy Noether betreffenden Romanpassagen, sondern auch in den Episoden zu den anderen historischen oder erfundenen Figuren wie etwa Edith Stein, Robert Oppenheimer, Alan Lomax, Hanns Alverdes und Makoto Kurabashi - aus den bürgerlichen Traditionsmustern biographisch-historischen Erzählens. Unter Zuhilfennahme mathematikhistorischer und biographischer Literatur generiert er aus den Fakten und anekdotischen Details von Noethers Lebensgeschichte eine „rechtmäßige“, aber die Mathematik umgehende „literarische[] Form“, die, belebt durch die einfühlende Introspektion der beiden Erzählerfiguren in die Figur, der Leserin und dem Leser ein Identifikationsangebot unterbreitet. Daran ändert auch die metanarrative bzw. metahistorische Erzählhaltung, die Candoris' Erinnerungen von Lukassers Niederschrift separiert und die Perspektivität sowie den Konstruktcharakter des Erzählten markiert, nicht viel: Da beide Erzählstimmen auf die Biographie des ‚großen Inpiduums` Emmy Noether und ihre empathische Vergegenwärtigung fixiert sind, Köhlmeier auf explizite wie implizite Distanzierungsgesten verzichtet, erscheinen beide Erzählstimmen eher als Medien denn als Konstrukteure des abendländischen Narrativs und seiner mythisierenden Tendenzen.

Und dennoch wird dem mathematikhistorischen Blickwinkel eine besondere Signifikanz beigemessen, was spätestens dann deutlich wird, wenn Köhlmeier neben Emmy Noether mit dem (fiktiven) japanischen Mathematikgenie Makoto Kurabashi - wohl dem Mathematiker Yutaka Taniyama (1927-1958) nachempfunden - noch eine zweite Figur auftreten lässt, die Noethers und Candoris' Leidenschaft für die „Erkundung des Zahlenuniversums“ (645) teilt und dem Erzähler somit auch im hinteren Teil des Romans die Gelegenheit liefert, über das Verhältnis von Mathematik, Wissenschaft, Kunst und Leben (648f.) zu räsonieren. Mathematikhistorisch angereicherte Narrative spielen im Roman also ohne Zweifel eine wesentliche Rolle, die in gewisser Hinsicht mit der Rolle vergleichbar ist, die das Mathematische in Oswald Spenglers kulturmorphologischem Opus Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte (1918/1922) einnimmt - ein Vergleich, der schon durch den Romantitel nahelegt wird. Doch während Spengler dort am Beispiel der „Zahlenwelt“, die den inpiduellen „Stil“ einer Kulturseele zum Ausdruck bringen soll, sein zyklisches, kulturrelativistisches Geschichtsmodell zu belegen sucht, zugleich dem „faustischen Geist[]“ den Niedergang prophezeit und diesen am Beispiel der modernen, abendländischen Mathematik (verkörpert in Gauß, Cauchy, Riemann und anderen Repräsentanten der mathematischen Moderne) auch exemplarisch ausbuchstabiert, nutzt Köhlmeier in seinem Roman die Mathematik als eine ambivalentere Größe. Auf der einen Seite präsentiert er sie als eine die Zeiten und Unzeiten des abendländischen Weltgeschehens überdauernde Kulturpraxis, als eine der bewundernswertesten und unanfechtbarsten Errungenschaften des menschlichen Geistes, die in der modernen Algebra eine bis dahin unerreichte Denk- und Ausdrucksform gefunden hat. Die Resultate dieser „ausgefeilteste[n] Art [...], mit dem Abstrakten umzugehen“ (649), können überzeitliche und überkulturelle Geltung beanspruchen, sie sind den destruktiven Einflüssen von Politik und Geschichte scheinbar enthoben und dem von Spengler vorhergesagten Untergang daher auch bislang entronnen. Denn während zwar der Mensch Emmy Noether den Nazis zum Opfer fällt, überdaueren ihre mathematischen Einsichten und werden nach 1933 jenseits von Göttingen, in den Vereinigten Staaten, in Japan und anderswo, fortgeschrieben. Trotzdem konstruiert Köhlmeiers post-spenglerischer Roman - und hier manifestiert sich die andere Seite der Ambivalenz - kein ahistorisches Bild der Mathematik: Durch die konsequente Einbettung der mathematischen Praxis in den historischen Prozess, die an Orte, Personen und Institutionen gebundene Darstellung mathematischer Arbeit und mathematischer Weltanschauung gelingt es ihm, einen Konnex von Mathematikgeschichte und allgemeiner Geschichte aufzuzeigen und zu demonstrieren, dass mathematisches Wissen gerade aufgrund seiner vermeintlichen Geschichtslosigkeit tief in die Historie des Westens, in den dialektischen Zusammenfall von Geist und Ungeist, Reinheit und Korrumpiertheit, Unschuld und Gewalt verstrickt ist und, wie andere Bereiche menschlicher Kulturpraxis auch, als solche erinnert und kritisch reflektiert zu werden verdient. „Mathematik ist elegantester Nihilismus“ (648), konstatiert Candoris, doch „wenn die Mathematik zur Metapher [...] für die Welt“ werde, sich „zum Sinnbild für alles aufzuschwingen“ beginne, gewinne sie nicht nur eine zerstörerische „Macht über dich und dein Leben und das Leben als solches“, sondern spiegele in ihrer abstrakt-systemischen, tautologisch-bedeutungslosen Form auch die Größe und den Größenwahn der Zeit (649). So pauschalisierend und mythisierend diese Zuschreibungen aus mathematikhistorischer Perspektive auch erscheinen mögen und so problematisch das Porträt Emmy Noethers auch im Einzelnen ausfällt: Der Umstand, dass Köhlmeier die Mathematik und ihre Geschichte ins Gesamtbild abendländischer Geschichte einreiht und in die narrative Erinnerungsarbeit integriert, spricht für seine Erzählambition. Ob Abendland allerdings dadurch schon als Teil einer „intelligiblen Dichtung“ im Sinne Hans Magnus Enzensbergers zu gelten hat, ist eine ganz andere Frage.

Enzensberger. „Zugbrücke außer Betrieb“ 15.

Enzensberger. „Zugbrücke außer Betrieb“ 11.

Enzensberger. „Die Poesie der Wissenschaft“ 266.

Enzensberger. „Die Poesie der Wissenschaft“ 270.

Möglicherweise hat man es, wie ein Blick auf das Genre der „mathematical fiction“ in den USA zeigt, mit einem globalen Trend zu tun, vgl. dazu Wallace. Zu den Trendsettern des Genres gehören Doxiadis und Singh.

Schwanitz 480ff. Vgl. vor allem die Replik von Fischer.

Etwa Raymond Queneau und die anderen Autoren der Gruppe Oulipo, vgl. dazu u.a. Schleypen.

So Woelk in seinem Artikel „Mathematik und Literatur berühren sich im Unendlichen“.

Mannheim. Ideologie und Utopie 256.

Adorno, Horkheimer 79.

Bartmann.

Hage. Die Verbindung zu Hans Petersson ergibt sich über den Candoris zugeschriebenen Dissertationstitel (Über die Darstellung natürlicher Zahlen durch definite und indefinite quadratische Formen von 2r Variablen). Petersson trat während des Dritten Reichs wohl aus taktischen Camouflage-Gründen der SA und der NSDAP bei und durfte nach seiner Entnazifizierung wieder als Mathematiker tätig sein. Vgl. Segal 471ff. Die Episode um den von Candoris temporär geförderten japanischen Mathematiker Makoto Kurabashi (638ff.) schlägt die Brücke zu André Weil, der mit dem japanischen Mathematiker Yutaka Taniyama (1927-1958) in engem Kontakt stand.

Köhlmeier. Gespräch.

Vgl. zum narratologischen Problem der narrativen Zuordnungsinstanzen Kindt und Müller. Ich folge hier der Position von Genette, der das Konzept des impliziten Autor insbesondere für ideologiekritische Lektüren verabschiedet. Als Produzent des Textes kann der Autor, wie Genette schreibt, von den „faktischen Verantwortlichkeiten […] ideologischer, stilistischer, technischer oder sonstiger Natur“ nicht entlastet werden. Genette 284.

Vgl. dazu Assmann.

Köhlmeier. Abendland 312. Weitere Nachweise erfolgen im Text.

Vgl. Weyl. „David Hilbert“ 614.

Vgl. Becker, Dahms, Wegeler (Hrsg.).

Segal.

Vgl. z.B. die Erinnerungsberichte von Saunders Mac Lane und Olga Taussky.

Köhlmeier hat sich für die Zusammenstellung seiner literarischen Noether-Biographie offensichtlich aus verschiedenen historiographischen und biographischen Quellen bedient, deren Identifizierung nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen und zum Teil unzuverlässigen Internet-Quellen schwierig ist. Fest steht zumindest, dass sich seine Darstellung nicht allein auf die soliden historiographischen Arbeiten zu Emmy Noether, etwa die Arbeiten von Cordula Tollmien und Peter Roquette, stützt. Einige lokalgeschichtliche Unsauberkeiten in Köhlmeiers Noether-Porträt mögen vielleicht nur für Göttinger irritierend sein, wie zum Beispiel, dass die „Schilleranlagen“ (278) in Göttingen Schillerwiesen heißen, Emmy Noether nie in der „Weenderstraße“ (255) gewohnt hat etc. Andere historische Fehler sind gravierender: So ist Emmy Noether nicht von David Hilbert wegen ihrer Arbeiten zur kommutativen Algebra nach Göttingen geholt worden (254), sondern wegen ihrer Kenntnisse in der Invariantentheorie. Ihr wurde nicht „der Titel eines ‚ordentlichen Professors` vom preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung verweigert“ (254); das Ministerium konnte diesen Titel gar nicht vergeben, vielmehr hätte sie von einer Universität berufen werden müssen. Ihre Lehrveranstaltungen wurden auch nach ihrer Habilitation nicht mehr unter dem Namen Hilberts angekündigt, sondern unter ihrem eigenen Namen. Zuvor gab es den Zusatz „mit Unterstützung von Frl. Dr. Noether“; dass man ihr Geschlecht in dieser Ankündigung verschwiegen habe (254), ist also falsch. Köhlmeier tituliert Emmy Noether durchgängig als „Frau Professor Noether“ oder „Frau Dr. Noether“; in den 1920er Jahren aber bezeichnete diese Titulierung die Ehefrau des Herrn Prof. oder des Herrn Dr. Noether. Emmy Noether war „Fräulein Prof.“ oder „Dr. Noether“, vgl. etwa den Nachsatz in einem Brief vom 30.1.1930 an ihren Schüler Jakob Levitzki: „Ich heiße übrigens Frl. Noether und nicht Frau Professor!“. Schließlich starb Noether nicht an einem „Hirntumor“, wie Köhlmeier behauptet (347), sondern wahrscheinlich an Gebärmutterkrebs. Ich danke Cordula Tollmien für diese Hinweise und für ihre anregenden und hilfreichen Kommentare.

Der pazifistisch gesinnte britische Zahlentheoretiker Godfrey H. Hardy fühlte sich angesichts des Kriegsausbruchs 1940 dazu veranlasst zu betonen, dass er nicht verantwortlich für die Fortschritte der Kriegstechnik war: „I have never done anything ‚useful`. No discovery of mine has made, or is likely to make, directly or indirectly, for good or ill [...]“; Hardy 150.

Anders als beispielweise Dietmar Dath, der sich in dem Emmy Noether gewidmeten Teil seiner Mathematiker-Porträts Höhenrausch um eine popularisierende Darstellung von Emmy Noethers Idealtheorie bemüht und dabei sogar Ringe und Ideale nahezu exakt definiert. Dath 93.

Waerden. „Meine Göttinger Lehrjahre“.

Vgl. zur Einschätzung von Noethers politischer Rolle die, was die Quellen angeht, nur unzureichend belegte Arbeit von McLarty.

In Anlehnung an Hermann Weyls Trauerrede: „Dein Herz kannte keinen Arg; es glaubte nicht an das Böse, ja, es kam Dir überhaupt nicht in den Sinn, daß das Böse unter den Menschen eine Rolle spiele.“ Roquette 19.

Hermann Weyl. „Emmy Noether“ 71.

Noch deutlicher wird diese Stilisierung zur Titanin in der Rede, die Weyl am 17.4.1935 an Emmy Noethers Sarg gehalten hat: „Du warst nicht Ton, von den Künstlerhänden Gottes zu harmonischer Gestalt geformt, sondern ein Brocken menschlichen Urgesteins, dem er seinen heißen Schöpferodem eingeblasen hatte. Die Macht Deines Genies schien insbesondere die Grenzen Deines Geschlechts gesprengt zu haben. Darum nannten wir Dich in Göttingen meist, in ehrfürchtigem Spott, den Noether.” Hermann Weyl, abgedruckt bei Roquette 19.

„She was not even feminine in her appearance or manner. This is the first thing, even today, that the men who knew her recall“, beklagt auch schon Constanze Reid (Reid 143). So ist auf dem 1966 von IBM gestalteten und seither in unzähligen Mathematikinstituten der Welt ausgestellten Poster „Men of Modern Mathematics”, auf dem Emmy Noether als einzige Frau erscheint, vermerkt: „she was fat, rough, and loud, but so kind that all who knew her loved her“; vgl. dazu Kimberling 25. Noethers Biographin Auguste Dick verweist 1970 auf Emmy Noethers angeblich schon im Kindesalter deutlichen „Mangel an äußeren Reizen“ (Dick 6) und Renate Feyl bemerkt noch 1983: „Sie ist dick, sie ist kurzsichtig, sie ist das Gegenteil von schön.“ (Feyl 195).

Vgl. Weiershausen.

Kirchhoff (Hrsg.).

Möbius 24f.

Vgl. Karl Mannheims Unterscheidung zwischen Negation und Zersetzung: „Negiere ich eine ,Idee`, so setze ich sie selbst als ,Thesis` voraus und stelle mich dadurch noch immer auf denselben theoretischen [...] Boden, auf dem sie sich selbst konstituiert. Auch wenn ich die ,Idee` bezweifle, mache ich die Setzung als Voraussetzung mit. Nur wenn ich eigentlich darauf gar nicht eingehe [...], ob etwas wahr sei, sondern Ideen lediglich in ihrer außertheoretischen Funktionalität erfasse, entsteht eine Enthüllung, die eigentlich gar keine theoretische Widerlegung ist, sondern eine vom Leben her vollzogene Auflösung der Wirksamkeit dieser Ideen.“ (Mannheim. „Soziologie des Wissens“ 315).

Für Pontrjagin hingegen ist Mathematik weder schön noch hässlich: „Was seinem Begriff nach nicht unter die Kategorie des Schönen fällt, das kann auch nicht unter die des Häßlichen subsumiert werden. Ein Rechenexempel ist nicht schön, aber auch nicht hässlich - Sie werden mir sicher recht geben, Frau Dr. Noether -, ein mathematischer Punkt, der gar keine Länge und Breite hat, ist nicht schön, aber auch nicht häßlich.“ (272).

Vgl. z.B. Pimm, Sinclair.

„Deinen Schülern hast Du nicht nur im Geiste gegeben, ohne Rückhalt und aus der Fülle, sondern sie scharten sich um Dich wie Küchlein unter den Flügeln einer großen Klucke; Du liebtest sie, sorgtest um sie und lebtest mit ihnen in enger Gemeinschaft.“ Hermann Weyl, zit. nach Roquette 19. „She loved people, science, life with all the warmth, all the joy, all the selflessness, and all the tenderness of which a deeply feeling heart - and a woman's heart - was capable.“ Alexandroff [Alexandrov] 197.

Vgl. zum Beispiel Van der Waerdens Nachruf auf Emmy Noether.

Mannheim. Ideologie und Utopie 256.

Mehrtens 445.

Mannheim. Ideologie und Utopie 251.

Heintz 162ff.

In Die Vermessung der Welt konzentriert sich Kehlmann auf die historische Figur Gauß (und die Figur Alexander von Humboldt) und die Geschichte der Konstruktion nicht-euklidischer Geometrie, während Grünbein sich in seinem Versepos Vom Schnee und in dem Essay Der cartesische Taucher der historischen Figur Descartes widmet.

In Diemar Daths Höhenrausch 85-99 findet sich unter anderem auch ein Porträt Emmy Noethers.

In Juli Zehs Roman Spieltrieb etwa das sog. Gefangenendilemma der Spieltheorie, in Ulrich Woelks Joana, Mandelbrot und ich ist es vor allem die sog. Chaostheorie.

Benjamin 943.

Kracauer 197. Vgl. dazu Niefanger. Ich danke Günter Oesterle für diesen Hinweis.

Kracauer 196.

Spengler 85.

Spengler 608.

Spengler 108-131.

Musil.

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